Um 15:00 Uhr sollten wir von einem Taxi abgeholt werden. Zeit genug, um in den Gassen von Amritsar noch einen Lassie zu trinken und sich treiben zu lassen. Direkt gegenüber von unserem Guesthouse fand zu Ehren Shivas und Parvati eine gratis Essensausgabe statt. Aus einem riesigen Topf gab es Dhal und dazu Naan für jeden, der wollte. Viele Autorikschas halten davor und schon war das Verkehrschaos perfekt und nichts ging mehr. Wie immer ein herrliches Schauspiel unter lautem Gehupe. Das Taxi wartete ein hundert Meter vor dem Spektakel, da es unmöglich war, vor dem Guesthouse zu halten. Anschließend fuhren wir halb und den Innenstadtbereich, um noch eine College-Schülerin mitzunehmen. Während der Fahrt ging es dem Mädel leider nicht so gut, so dass sie sich zwischendurch übergeben musste. Abgesehen von der indischen Fahrweise änderte sich der Straßenbelag; mit jedem Kilometer wurden die Schlaglöcher größer. Nangal Sohal liegt mitten auf dem Land, einen Steinwurf von der Pakistanischen Grenze entfernt. Raps- und Gerstenfelder säumen die Straße und man fühlt sich fast wie in Brandenburg.
Die Gebäude sind hübsch hergerichtet, ganz anders als ich das aufgrund von Google-Maps erwartet hatte. Voller Stolz zeigte und Jaswinder in der Abenddämmerung noch die Obst- und Gemüseplantagen. Es ist schon toll, was er hier für die Mädchen errichtet hat. Im Gespräch mit der College-Studentin und Jaswinder kam heraus, wie stark der Einfluss des Kastensystems ist und wie schwer es Mädchen haben. Durch die hinduistische Politik ist es eher schlimmer als besser geworden. Das Kastensystem hat auch in Punjab Einzug gehalten und auch die Sikh werden von den Hindus einer (niedrigeren) Kaste zugeordnet. Wir versuchen immer Politik außen vor zu lassen, aber das wird hier in Indien doch etwas schwer. Korruption und Kastensystem beeinträchtigen das Land.
Wir dachten, dass die Schule auch auf dem Gelände sei, die scheint aber 5 km entfernt zu liegen und die Kinder werden täglich mit dem Transporter hingefahren und abgeholt. Am Wochenende gibt es Musikunterricht: Neben Gesang wird auch das Streichinstrument Sarangi unterrichtet. Im Gegensatz zur Geige wir die Saite nicht nach unten auf den Steg gedrückt, sondern seitlich mit dem Fingernagel. Der Musikunterricht findet morgens um 5:00 Uhr statt! Die Töne schallten zwar an unser Ohr, aber für uns war es eindeutig zu früh.
Die College-Studentin hatte extra für uns ihr Zimmer geräumt. Woran wir uns erst wieder gewöhnen müssen, ist das Gemeinschaftsbad. Wir müssen immer durch den Wohnbereich, um zum Bad zu gelangen.
Nachts hatten wir beide nicht gut geschlafen und um 1:00 Uhr wurden wir durch nächtliche Gesänge geweckt. Wie wir am nächsten Morgen erfahren haben, schallte es vom nahegelegenen Sikh-Tempel herüber. Über die Riten und Gebräuche der Sikh wissen wir noch zu wenig, aber die Gesänge werden uns jede Nacht begleiten.
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