Die Nacht war ruhiger als sonst. Wir wurden zwar beschallt, aber die Lautstärke war deutlich geringer - oder haben wir uns einfach schon daran gewöhnt? Jedenfalls haben wir diese Nacht besser geschlafen und gleich müsste uns der morgendliche Kaffee an die Tür gebracht werden. Nach dem wir gestern über die Tagesabläufe gesprochen hatten, wurden wir gefragt, um wieviel Uhr wir unsere Mahlzeiten einnehmen wollen. Dazu gehörte auch die Frage, wann wir morgens unseren Kaffee wollen und so bekommen wir jetzt täglich pünktlich um 8:00 Uhr unseren Kaffee an die Tür gebracht.
Patricia kann ohne Kaffee am Morgen nicht leben. Sie braucht in einfach, um auf Touren zu kommen. Ihr blauer Kaffeepott aus Plastik mit dem kleinen Tauchsieder begleitet sie deshalb schon seit Jahrzehnten auf ihren Reisen.
Ich hatte versucht, meinen Kaffeekonsum in Indien nahezu auf Null heruntergefahren, weil mir der indische Chai so gut schmeckt. An jedem Chao-Stand schmeckt der Chai anders und was gibt es schöneres als mit einer Tasse Chai in der Hand (der Becher hat die Größe einer Espresso-Tasse) dem morgendlichen Trubel zuzusehen. Hier bekommen wir jetzt unseren erste Kaffee quasi ans Bett gebracht - was für ein angenehmer, nicht zu verachtender Luxus.
Wo bitte geht es nach Pakistan? Der Ort Nangal Sohal liegt nördlich von Amritsar nahe der Grenze zu Pakistan. Der Fluss Ravi, der teilweise eine natürliche Grenze bildet, ist ca. 2 bis 3 km entfernt, also fussläufig erreichbar. Die Strasse führt entlang von Raps- und Getreidefelder zum Nachbarort Rurewal, wo es gleich am Ortseingang einen nichtasphaltierten Abzweig zum Fluss gibt. Wie auf einem Damm verläuft dann eine sehr hübsche von Eukalyptus-Bäumen gesäumte, sandige Strasse fast parallel zum Fluss Ravi. Eukalyptus ist nicht unumstritten; so schön diese Allee auch ist, Eukalyptus trocknet den Boden bis in die Tiefe aus und verdrängt andere heimische Pflanzenarten. Eukalyptus dient in erster zur Holzgewinnung, was man auch bei dieser Allee gesehen hat, denn alle Bäume waren durchnummeriert. Von der Allee aus zweigten kleine Stichstrassen ab und endeten am Ufer des Ravi. Hier war dann eine kleine Furt oder ein an Seilen befestigtes kleines Floss, das als Personenfähre dient.
Wir sind leider zu einer etwas ungünstigen Zeit losgegangen, so dass wir auf dem Rückweg in die pralle Mittagshitze kamen. Einen direkten Weg oder Trampelpfad quer durch die Felder haben wir jetzt nicht gesehen. Um nicht den gleichen Weg zurück zu laufen, sind wir die Eukalyptus-Allee ein Stück weiter in nördliche Richtung bis zu einer kleinen Siedlung gegangen, welche an der Strasse nach Nangal Sohal liegt. Der Rundweg hat insgesamt ca. 3 Stunden gedauert.
Gegen 16:00 Uhr wurden die Kinder aus der Schule abgeholt. Diesmal haben wir uns zum Teetrinken in den Speisesaal begeben. Ich habe inzwischen gelernt, bei den Sikh immer ein Tuch dabei zu haben, um mein Haupt zu bedecken, denn anderes als in Deutschland wo der Hut oder die Mütze zum Essen abgenommen wird, bedeckt man hier aus Ehrfurcht sein Haupt. Wir saßen im Schneidersitz auf dem Boden und nach dem Gebet hat jeder ein Ei und Chai bekommen. In Gedenken an Gott und die Mahlzeit wird schweigend gegessen. Erst nach dem Dankgebet stehen alle auf und das Geschirr wird eingesammelt. Anschließend sind wir wieder auf das Dach und haben ein bißchen Englisch mit ihnen gemacht. Eine oder einer musste immer vorlesen und Patricia hat dann die Aussprache korrigiert. Für die Kleinen war das leider etwas langweilig. Ich glaube wir müssen die Gruppe aufteilen, einer kümmert sich um die Kleinen und einer um die Großen.
Zum Ausgleich gab es danach etwas Gymnastik: Im Kreis drehen, Hochspringen, nach links springen, nach rechts springen, nach vorne springen, nach hinten Springen, den Hampelmann machen, und, und, und. Die Kinder konnten sich auspowern und hatten ihren Spaß.
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