Um 9:00 Uhr hatte uns der Wagen abgeholt. Wie schon beschrieben, wäre eine Zugfahrt nicht wesentlich preiswerter, dauert dafür aber länger. Der Wagen parkte am Uhrenturm, also mussten wir gut 600 Meter zu Fuß laufen. Zum Glück trugen die Jungs vom Hotel unser Gepäck und wir mussten nicht ganz so viel schleppen. Die Fahrt mit dem Auto dauerte nonstop ca. 3,5 Stunden.
Pushkar gehört mit zu den fünf heiligen Wallfahrtsorten für gläubige Hindus und ist eine der ältesten noch bestehenden Städte Indiens. Die Stadt hat ca. 22.000 Einwohner und liegt am Ufer des Pushkar-See.
Der genaue Tag der Entstehung ist nicht bekannt, der Legende nach entstand die Stadt als ein Lotus aus Lord Brahmas Hand auf die Erde fiel. Dort wo der Lotus die Erde berührte entstand der heilige Pushkar See und wenig später die Stadt.
In Pushkar befindet sich der bedeutendste Brahmatempel in Indien. Auch hierzu gibt es eine Legende: Brahma wollte am See eine Feuerzeremonie abhalten. Hierfür benötigte er die Anwesenheit seiner Frau Sarasvati. Als diese nicht kam, heiratete er kurzerhand das Hirtenmädchen Gayatri. Als Saraswati endlich eintraf, erfuhr sie von der Zweitfrau, wurde wütend und verfluchte Brahma. Er solle der einzige Gott sein, den die Menschen vergessen und für den sie nur einen einzigen Tempel errichten werden. Tatsächlich hat die Verehrung Brahmas gegenüber Vishnu und Shiva im Lauf der Zeit stark an Bedeutung verloren.
Nach all den Mythen und Legenden wollten auch wir uns diesen heiligen Ort ansehen. Wir hatten uns ja schon den heiligen Ort Haridwar am Ganges angesehen und waren gespannt, was uns erwartet.
Unser erster Rundgang am Nachmittag brachte eine Ernüchterung. Der Pushkarsee mit seinen Ghats und umliegenden Tempeln gilt vielen Indern als heilig. Hierhin sollen angeblich viele gläubige Hindus pilgern, um sich reinzuwaschen und um Gesundheit für ihre Familien zu bitten.
Von den vielen Pilgern war wenig zu sehen, dafür um so mehr europäische Touristen, „Hippies“, Aussteiger und Hängengebliebene. Der See mit den Ghats war nett, aber die Ghats am Ganges hatten mehr Dynamik und Spiritualität verbreitet. Hier war davon nichts zu spüren.
Für uns waren die Ghats „nur“ Treppen runter an den See. Man sah keine Pilger und auch keine vermeintlichen Prister, die einem Opfergaben verkaufen wollten. Mag sein, dass wir zur falschen Zeit da waren, aber in Haridwar waren die Gläubigen den ganzen Tag über an den Ghats anzutreffen. In den Gassen rings um den Pushkarsee und den ganzen Ghats wechselten sich Souvenirläden und Restaurants ab. Sowohl die Souvenirläden als aus die Restaurants waren sehr westlich orientiert: Es gab kaum ein Restaurant, das nicht Pizza, Pasta und Burger angeboten hat - alles natürlich rein vegetarisch.
Etwas abseits des Pushkarsees änderte sich das Bild. In den schmalen Gassen spielte sich das Leben der Einheimischen ab. Hier gab es kleine Läden für den täglichen Bedarf, einen Gemüsemarkt, Schneider und Friseure.
Am späten Nachmittag versammelten sich die „Hippies“, Aussteiger und Hängengebliebenen am Sunset-Point . Wir fühlten uns wie in Berlin Prenzlauer Berg: Trommler, Feuerspucker und Tänzer mit Rastalocken und vermeintlich indischer Kleidung. Indischen Besuchern bereitete das Schauspiel sichtliches Vergnügen. Von dem heiligen Wallfahrtsort war nichts zu spüren.
Wir fühlten uns sichtlich unwohl und haben uns für unsere europäischen Touristen fremdgeschämt. Vielleicht müssten wir, wie die ganzen „Hippies“, nur genügend Joints rauchen, um das richtige „Feeling“ zu bekommen. Wir hatten jedenfalls genug von den „freigeistigen“ Travellern und wollten nur noch zurück ins Hotel.
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